2003 Marcus I. Quadflieg

Die Aachener Nachrichten schreiben am 10.1.2003

In Aachen geboren, in Forst und Gulpen aufgewachsen, in Stolberg wohnend, in Düren arbeitend und in Aachen feiernd - sowie am Samstagabend ein wenig zitternd. Denn hier schlägt im Eurogress seine große Stunde.

Vor der Proklamation des neuen Öcher Prinzen sprach AZ-Redakteur Hanns Bittmann, Tollität des Jahres 2001, mit dem Mann, der 53 Tage die Öcher Jecke regiert.

Du dürftest der erste Prinz sein, der seine Schuhe selbst anfertigen konnte...

Marcus I.: Theoretisch ja, wenn ich die Zeit dazu gehabt hätte. Aber tatsächlich hat das mein früherer Chef getan. Ich habe das Leder eingekauft, das Schaftmodell gemacht, konkrete Wünsche geäußert - und mir dann lieber ein paar Stunden Schlaf mehr gegönnt.

Waren Deine Vorbereitungen derart zeitaufwändig?

Marcus I.: Da ist schon einiges zusammengekommen. Seit Mai weiß ich ja, dass ich das große Los gezogen habe. Und das ist es ganz einfach, wenn man als Fastelovvendsjeck die Ehre hat, in Aachen Prinz werden zu dürfen. Ich hatte schon vorher sehr genaue Vorstellungen, aber es ist schwer bis unmöglich, dann wirklich den Großteil gemeinsam mit dem Hofstaat umzusetzen.

Schon für die Proklamation sollt Ihr den AKV mit neuen Ideen überhäuft haben.

Marcus I.: Man meint zwar in seiner Euphorie immer wieder, man hätte das Rad neu erfunden, aber das wird real nicht so schnell passieren. Letztlich gibt es eine ziemlich klassische Geschichte. Motiv: Aschenputtel, vom Schusterjungen zum Prinzen. In diese Story eingebunden werden Tänze, auf die wir uns ein halbes Jahr vorbereitet haben.

War es so schwierig, dem Hofstaat die Schritte beizubringen?

Marcus I.: Es gibt ja immerhin ein so genanntes Prinzenballett zusammen mit sechs ehemaligen Mariechen aus Köln. Das sind starke Führungspersönlichkeiten, und die brauchen wir auch. Wir haben schließlich schon ein paar Bewegungslegastheniker unter uns.

Ob attraktive Mariechen das richtige „Mittel” zur Beruhigung der Nerven und der ungelenken Bewegungen sind?

Marcus I.: Die Jungens waren jedenfalls superfleißig und diszipliniert. Nichtsdestotrotz haben wir reichlich Spaß gehabt. Die Sache sitzt jetzt ganz gut.

Welchen Stellenwert nimmt denn beim Hofstaat die Disziplin ein?

Marcus I.: Okay, den anstrengendsten - und schönsten - Part habe ich, und von daher kann ich jedem nur empfehlen, zum Genießen erst einmal in den Hofstaat zu kommen, wenn er die Möglichkeit hat. Dort kann man - in Anführungsstrichen - schon einmal „die Sau rauslassen”. Natürlich repräsentieren wir dabei immer den Karneval, und da erwarte ich von den Jungens doch, dass sie sich korrekt verhalten, Sympathieträger sind und das auch von der Bühne herunter ausstrahlen. Und egal, wie klein die Veranstaltung ist: Wir müssen uns jedes Mal aufs Neue Mühe geben, um den Leuten Spaß und Freude zu vermitteln.

Es geht also nicht ohne Disziplin, aber erst recht nicht ohne Spaß.

Marcus I.: Ja, und die Jungens haben alle so viel Herz, hängen derart an der Geschichte - da sehe ich keine Probleme. Ich werde meinen Hofstaat übrigens in Versform vorstellen, denn der AKV hat gesagt, dass ihm in den letzten Jahren immer zu viel gesungen worden sei. Vor dem Sprechen habe ich keine Angst. Einen Aussetzer hat jeder mal, aber sonst bin ich nicht op de Mull jefalle.

Und Saxophon spielst du ebenfalls, wie dein Orden verrät. Spielt das Instrument in Deiner Session sonst noch eine Rolle?

Marcus I.: Ja, es ist in die Proklamation integriert. Nicht schwerpunktmäßig, aber ich habe es an zwei Stellen mit eingebaut.

Also ist der reimende Prinz auch musikalisch.

Marcus I.: Ich denke: ja. Drei meiner Lieder habe ich komplett selber gemacht. In einem kann ich auch den Refrain auf dem Saxophon spielen. Aber ob ich während der Session die Möglichkeit dazu habe, ist eher zweifelhaft. Wenn man unterwegs und in Hektik ist, hat man nicht immer die nötige Zeit, um groß Sachen auszupacken. Bei Gelegenheit werde ich sicher auch mal Saxophon spielen.

Du tanzt, sprichst, hast ein umfangreiches Musikrepertoire, nimmst zwischendurch ein Instrument zur Hand - die Öcher kriegen einen Tausendsassa als Prinzen. Gibt es etwas, das du auf der Bühne nicht kannst?

Marcus I.: Es gibt es sicher tausende Sachen, die ich nicht so gut beherrsche, auch Saxophon spiele ich erst ein gutes Jahr. Ich habe mich auf ein paar Dinge konzentriert, und die Nerven spielen auch eine große Rolle...

Waren im Hinblick auf deine jetzige Rolle die Erfahrung und die Gelassenheit wichtig, die du im Hofstaat von Rolf IV. sammeln konntest?

Marcus I.: Ja, denn ich hab vor allem viel Hintergrundwissen mitgenommen. Das war mir sehr hilfreich, auch um Probleme schon im Vorfeld auszuschalten. Bisher gab es keine Schwierigkeiten - außer dass man ständig manchen Leuten hinterhertelefonieren muss, die vorher ständig neue Vorschläge unterbreitet haben.

Es es joe Fastelovvend...

Marcus I.: Ja klar. Und ich krieg schon mal gesagt: Es ist doch nur Karneval, bleib ruhig, es läuft schon. Aber ich habe eben einen gewissen Hang zur Perfektion. Das soll jedoch nicht heißen, dass die Situationskomik zu kurz kommt; man muss auch schon mal aus der Hüfte schießen.

Ist der Traum, einmal Prinz zu werden, denn in der Session 2000 gereift, als du das singende Schängche warst?

Marcus I.: Nein, der Traum ist uralt. Ich bin in Aachen aufgewachsen, meine Großmutter wohnt in Forst, von daher hatte ich schon früh ständigen Kontakt zum Öcher Fastelovvend. Und trotz der anderen Orte, an denen ich gelebt habe, war mir klar: Wenn du mal Prinz wirst, dann nur in Aachen und nirgendwo anders.

Was zeichnet den Aachener Karneval derart aus?

Marcus I.: Der Ablauf ist schwer in Ordnung. Man muss dem AKV und dem Ausschuss Aachener Karneval mit mit all seinen Vereinen hoch anrechnen, dass ein Prinz schon sehr viele Möglichkeiten hat, sich im Aachener Karneval darzustellen und Ideen zu verwirklichen. Sicher bekommt man schon einmal Einschränkungen, aber das ist im Vereinsleben nun einmal normal. Wo viele denkende Köpfe sind, da werden auch schon einmal Entscheidungen getroffen, die einem nicht unbedingt passen.

Passt es deinen Stolberger Vereinskameraden denn, dass du jetzt in Aachen Prinz wirst? Immerhin bist du ja Vizepräsident der KG Büsbach.

Marcus I.: Die wussten das, kannten meine Einstellung und haben es natürlich „toleriert”.

Auf was freust du dich in deiner Traumrolle besonders?

Marcus I.: Natürlich auf Rosenmontag: Das ist ein Rausch. Ich kenne die Situation nur als Schängche, da war es schon so. Und wenn du da ganz oben auf dem Wagen stehst: Ich glaube, das setzt noch einen drauf. Vorausgesetzt, es ist schönes Wetter, sonst ist der Rausch schnell zu Ende. Ansonsten brenne ich darauf, die Vereine zu besuchen. Das ist zwar manchmal hektisch und muss viel zu schnell vonstatten gehen, aber es ist mein Ding: rein, raus, von Bühne zu Bühne, immer wieder neues Publikum und sich darauf rasch einstellen. Darauf freue ich mich am meisten, auch wenn die Proklamation jetzt erst einmal die größte Herausforderung ist.

Wurde die Proklamation extra so gelegt, dass du in deinen Geburtstag hineinfeiern kannst?

Marcus I.: Das könnte man meinen, und es würde mich freuen. Aber ich vermute ganz einfach mal, dass der AKV noch ganz andere Gründe dafür hatte. Mir kommt es jedenfalls zupass. Mit so vielen Menschen hab ich noch nie Geburtstag gefeiert...

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