Der Lieblingslinke des Bürgertums glänzt mit politischem Witz und Ironie:
Gregor Gysi ist Ritter 2017 des Ordens wider den tierischen Ernst
Der Elferrat des Aachener Karnevalsvereins (AKV) mit Präsident Dr. Werner Pfeil an der Spitze stellte im Juni 2016 den Bundestagsabgeordneten und langjährigen Vorsitzenden der Linksfraktion in Dortmund als 68. Ordensritter vor. Ausgezeichnet wurde Gysi für seinen messerscharfen Witz, mit dem er reichlich Pep in ansonsten öde Bundestagsdebatten bringt, und seinen Anspruch, auch ernste Anliegen humorvoll und pointiert vorzutragen. Die Festsitzung anlässlich der Verleihung des Ordens wider den tierischen Ernst fand am 11. Februar 2017 in Aachen statt.
„Gregor Gysi schafft es wie kaum ein anderer Politiker in Deutschland, die Menschen für politische Debatten zu faszinieren“, begründete AKV-Präsident Dr. Werner Pfeil die Wahl des Elferrats. Der 68-jährige Berliner verstehe es, Kritik am politischen Gegner sachlich und zugleich humorvoll zu verpacken, so Pfeil weiter. Dass er dabei zum Mittel der Vereinfachung greife, mache seine Reden nicht unseriöser, sondern nur verständlicher: „Es ist als Verdienst Gysis zu werten, dass er damit Zuhörer auch für komplizierte Themen gewinnt, die sonst eher abschalten und weghören würden – Parlamentskollegen eingeschlossen. Und zwar ganz unabhängig davon, ob Menschen ihm politisch nahestehen oder nicht.“
Tatsächlich hat es Gregor Gysi geschafft, weit über das linke Lager hinaus Anerkennung und sogar Bewunderung ob seiner Redegewandtheit, aber auch für seine stets klare Haltung zu gewinnen. „Links zu sein und dennoch beliebt bei Konservativen, diese Quadratur des Kreises schafft nur Gregor Gysi“, so Pfeil. Man nimmt dem neuen Ordensritter ab, dass es ihm um die Sache geht, wenn er für Gerechtigkeit kämpft und um bessere Chancen für die weniger Privilegierten. Dass er dabei nicht ideologisch dozierend daherkommt, sondern mit Leidenschaft und Witz, wird regelmäßig auch vom politischen Gegner anerkannt.
Gysi ist angetreten zu beweisen, dass nicht nur Langeweile seriös wirken kann. Politik müsse auch unterhaltsam sein, ohne dabei an Ernsthaftigkeit zu verlieren. Im Frühjahr 2016 hat ihm das sogar eine Einladung der Deutschen Presseakademie eingebracht: Engagiert als Gastdozent für Redenschreiber, forderte er diese mit der ihm eigenen Leidenschaft sogleich dazu auf, mehr Humor in die Manuskripte zu bringen. Lehrvideos dazu gibt es reichlich im Internet: dort ist der Köpenicker ein Star – und mit millionenfach geklickten Bundestagsreden zugleich ein Exot. Kein anderer Politiker kann an diese Zahlen heranreichen.In Aachen wurde Gregor Gysi nun als Erster Linken-Politiker in den Ordenskonvent des AKV aufgenommen. Vor seiner Ritter-Rede bei der Festsitzung musste Ritter Gregor gleich zwei Laudationes über sich ergehen lassen.
„Die Steinböcke, das sind Kopf-durch-die-Wand-Leute, so wie ich“, wandte sich die Literaturprofessorin und Ritterin des Jahres 1988, Prof. Gertrud Höhler direkt an Gysi: „Du bis ein Linker mit dem rechten Gedanken.“ Markus Söder aus dem fernen München sparte dagegen nicht mit Spott: „Was kann ich als CSU-ler aus Bayern positives über Kommunisten aus Berlin sagen? Die Berliner sagen, sie seien arm, aber sexy. Wenn Berlin arm oder sexy wäre, dann wären wir Bayern reich und sexy.“
Versöhnliches für den neuen Ritter gab es dann aber doch noch vom Vorgänger: „Wir sind beide Steinböcke und Steinböcke sind leidensfähig. Wir sind in der Lage, andere zu umarmen und auszuhalten. Das haben wir beide bewiesen, er mit Lafontaine, ich arbeite beim Herrn Horst Seehofer noch daran.“
Das Manuskript? Nur ein paar Stichpunkte. Mehr braucht ein begnadeter Rhetoriker wie Gregor Gysi nicht, um seine Zuhörer in den Bann zu ziehen und zum Lachen zu bringen. Dabei zog der streitbare 69-Jährige durchaus schweres Geschütz auf: Trump, AfD, rechte Parteien in Europa – alle bekamen ihr Fett weg vom ehemaligen Facharbeiter für Rinderzucht: „Ich weiß, wie man mit Hornochsen umgeht!“ Als humorvollen „Kämpfer für Gerechtigkeit, der verbal mit scharfer Klinge ficht, ohne dabei die Grenze zur Bösartigkeit zu überschreiten“ hatte Dr. Werner Pfeil Gysi in der Begründung zuvor bezeichnet. Und der „Preuße mit rheinischen Tugenden“ dankte es ihm: Seit Jahren sei klar gewesen, den Orden wider den tierischen Ernst gibt es erst, wenn er als Fraktionsvorsitzender im Bundestag aufhört. „Ich war so scharf auf Orden, dass ich aufhörte – das ist die Wahrheit.“ Gregor Gysi hat bewiesen, dass er ein großartiger Ritter ist. Das Aachener Publikum quittierte seine Rede mit Jubelrufen und stehenden Ovationen.