„Mär zesame sönd vür (Öcher) Fastelovvend!“ – Ein Interview mit der designierten Tollität 2021 Guido I. Bettenhausen
AKV: Warum willst du Prinz werden?
Des. Guido I.:
Ich bin Prinzengardist – seit vielen Jahren und mit Herz und Seele. Da erlebt man die Momente, die ein Prinz Karneval unserer Stadt hat, hautnah mit. Die emotionalen Höhepunkte, das Glücksgefühl mit den Menschen im Saal zu teilen und ein kleines neues Kapitel für die Geschichte unserer Stadt mitzuschreiben: Irgendwann war klar: Diese Emotionen wollte ich auch einmal spüren. Einmal Prinz zu sein ist und bleibt für einen Karnevalisten das Höchste. Und gerade in den letzten Jahren bei einigen tollen Vorgängern wurden hier hohe Maßstäbe gesetzt. Das ist auch ein Ansporn für mich.
AKV: Warum gerade in diesem Jahr?
Des. Guido I. :
Die Antwort ist schnell gegeben. Meine Garde feiert ihren 111ten Geburtstag. Und auch wenn die Prinzengarde in jedem Jahr ihren Prinzen Karneval durch den Öcher Fastelovvend trägt, wird den Jungs in der Garde dies bei mir sicher nochmals ein Stückchen mehr an jecker Energie entlocken… Nun aber steht durch Corona bedingt fest: Eine „normale“ Session wird es 2021 nicht geben. Sich von den vielen schönen Bildern im Kopf zu trennen, die man sich für die Session gemalt hatte, fällt überhaupt nicht leicht – das kann ich Ihnen sagen. Denn es brauchte eine Zeit, in der mir und den Jungs an meiner Seite klar wurde, wie sehr Corona und die damit einhergehende Unsicherheit in der Planung unsere Ideen für die Prinzenzeit und natürlich auch die Pläne der Prinzengarde durchkreuzt. Stück für Stück aber hat sich die Erkenntnis durchgesetzt: Das, was wir uns für 2021 ausgedacht haben, geht so nicht. Aber wir wollten uns auch unserer Verantwortung für die Jecken in Aachen stellen und die Zusage an den AKV einhalten.
AKV: Stand für Dich auch die Absage zur Debatte?
Des. Guido I.:
Ja, natürlich habe ich darüber nachgedacht. Wir haben unzählige Gespräche gehabt. Mein Adjutant Marc Laube und ich im Besonderen. Aber natürlich auch mit den Jungs, die meinen Hofstaat bilden sollen, der Prinzengarde und dem AKV. Letzten Endes aber hat der Prinz als Identifikationsfigur eine Vorbildfunktion für alle Jecken unserer Kaiserstadt. Ein wenig Frohsinn, Lachen und Leichtigkeit – das brauchen wir Alle vielleicht gerade jetzt. Und irgendwann stand dann felsenfest: Wir machen das für die Öcher Jecken und werden Wege finden, mit den dann geltenden Corona-Rahmenbedingungen umzugehen. Und – ganz ehrlich – entweder hat man den Karneval im Herzen – oder nicht. Und ich stehe zu meinen Zusagen. Für mich ist die Session 2021 auch eine Chance für alle Karnevalisten, alle Vereine und alle Jecken in Aachen, noch enger zusammenzurücken. Ob mit Lackschuh, Turnschuh oder barfuß: „Nur zesame sünd für Öcher Fastelovend.“
AKV: Welche Auswirkungen wird Corona auf die Session haben?
Des. Guido I.:
Wir müssen davon ausgehen, dass es den klassischen Saal-, Straßen- und Kneipenkarneval nicht geben wird. Bereits jetzt im Mai ist das klar. Und zwar unabhängig davon, wie sich die CoronaPandemie in den kommenden Monaten und die mit ihr verbundenen Abstands- und Veranstaltungsauflagen entwickeln wird. Kein Veranstalter kann jetzt Verträge mit Künstlern unterschreiben. Keine Prinzenproklamation geplant werden. Auch ein Rosenmontagszug, wie wir ihn kennen, ist schwer vorstellbar. Alle Vereine in Aachen und damit auch wir als Prinz und Hofstaat müssen heute so planen, als würden auch in acht und neun Monaten die gleichen kontaktbeschränkenden Auflagen gelten wie heute.
AKV: Wie reagiert ihr mit Eurem Konzept für die Session darauf?
Des. Guido I.:
Unser Konzept „Mär zesame sönd vür (Öcher) Fastelovvend!“ wird sehr mobil und sehr digital sein müssen. Damit wir den Frohsinn zu den Menschen bringen können, werden wir mit einer fahrbaren Lösung arbeiten. Unser Regenbogen-Bus ist ein Doppeldecker, dessen Oberdeck zur mobilen Bühne werden kann. Wir können damit nah vor Häuser, Wohnheim, Senioreneinrichtungen, Kindergärten, Schulen oder Krankenhäuser fahren und direkt vor der Einrichtung unsere Lieder singen, ein wenig jecken Verzäll machen und den Menschen ein Lächeln „durch die Mauern und Fenster“ senden. Einer meiner Jungs hat das Konzept lachend „39 kleine Rosenmontage“ statt eines großen genannt. Digital spielen wir jeden Tag der Session mit den Möglichkeiten der sozialen Medien. Es wird ein Video-Tagebuch geben und wir werden darin versuchen, so viele Vereine des Festausschusses Aachener Karneval zu integrieren, wie nur irgend möglich.
AKV: Neben Maskottchen Eisbär „Oso“, wird es auch einen Regenbogen geben. Warum der Regenbogen?
Des. Guido I.:
Der Regenbogen hat sich in den letzten Wochen zu einem Symbol der Hoffnung auf ein Ende der Corona-Pandemie entwickelt. Und auf die Zeit danach. Wenn man durch die Straßen fährt, sieht man in den Fenstern unzählige von Kindern gemalte Regenbögen. Er ist auch ein Symbol für die Vielfalt des Karnevals, das Bunte, das Lebendige. Er nimmt alle Farben der Gesellschaften auf und sagt damit: Zusammen sind wir Karneval. Und gemeinsam gehen wir auch durch Corona durch.
AKV: Wie kam es zum Motto für die Session 2021?
Des. Guido I.:
Die Folgen der Corona-Pandemie stellen unsere Gesellschaft vor riesige Herausforderungen. Und keiner kann bei der dynamischen Entwicklung sagen, wie es in 3, 6 oder 9 Monaten aussehen wird. Mit dieser Ungewissheit zu leben und positiv zu bleiben: Das schaffen wir Alle nur gemeinsam. Karneval ist so etwas wie gefeierter Optimismus: Die Menschen fliehen für die jecken Tage aus dem Alltag und lassen die Sorgen hinter sich. Diese Idee des Karnevals wollen wir leben – überleben – lassen. Das geht aber auch nur dann, wenn alle zusammen mit uns diese besondere Session unter ihren besonderen Rahmenbedingungen und Regeln meistern. Denn so banal es klingt: Karneval kann man nicht alleine feiern: „Mär zesame sönd vür (Öcher) Fastelovend.“
AKV: Wie stemmt ihr das organisatorisch?
Des. Guido I.:
Dass wir unter den besonderen Vorzeichen von Corona eine komplett neue Form von Prinzen-Zeit für 2021 erleben werden, lässt alle Beteiligten aus Vereinen, Elferrat und unserem Team sehr eng zusammenrücken. Es werden Wege gesucht und gefunden, wie eine Corona-Session 2021 zu bespielen sein könnte. Zu erleben, wie kreativ hier unter Druck gearbeitet wird, reißt mich mit – toll!
AKV: Wie geht deine Familie damit um?
Des. Guido I.:
Meine Frau und meine Kinder wissen, welchen Verrückten sie da am Küchentisch haben. Karneval haben wir Bettenhausens alle im Blut. Als die Idee der Corona-Session an diesem Küchentisch besprochen wurde, gab es aber schon einige offene Münder. Letzen Endes aber hat aber auch meine Familie gesagt: Mach es, weil es wichtig für die Menschen ist, dass es auch in diesem Jahr einen Prinzen gibt. Eine großartige Unterstützung für mich.
AKV: Wie bewältigt ihr die Session finanziell?
Des. Guido I.:
Die Finanzierung der Session ist immer eine große Aufgabe – gerade aktuell, in denen verständlicherweise auch viele potenzielle Sponsoren wirtschaftlich schwierige Zeiten erleben. Wir werden die anstehenden Corona-Session daher auch finanziell eng nähen müssen und ungewöhnliche Ideen haben, um dennoch für den guten Zweck zu sammeln. Zum Beispiel bei unseren Orden, die wir wegen ihrer besonderen Bedeutung für Karnevalisten natürlich machen wollen. Aber die werden dann eben nicht umgehängt, sondern online bestelle und zu den Jecken nachhause geschickt.
AKV: Wie reagierte der Hofstaat auf die „neue“ Session?
Des. Guido I. :
Ich habe den Jungs bei der Vorstellung der Ideen gesagt, dass ich für Jeden, der hier absagt, Verständnis habe. Für jede Familie ist es eine Sondersituation, wenn Papa eine Session im Hofstaat feiert. Auch beruflich. Da müssen auch die Familien dahinterstehen. Dass nun acht Jungs in diesem besonderen Jahr mitziehen, finde ich außergewöhnlich. Das freut mich riesig.
Lieber Guido, der AKV wünscht Dir und Deinem Hofstaat eine schöne Session!