Offen, humorvoll und mit klarer Haltung: Iris Berben ist Ritterin des Ordens wider den tierischen Ernst
Die Schauspielerin Iris Berben hat am Freitagabend den Orden wider den tierischen Ernst erhalten. Im Narrenkäfig des Aachener Karnevalsvereins nutzte sie die Gelegenheit zu einem emotionalen Plädoyer für die Kunst und die Gleichberechtigung. Motto: „Frauen an die Macht!“ Moderiert von AKV-Präsident Dr. Werner Pfeil und Elferrat David Lulley wurde die Auszeichnung diesmal nicht im Rahmen einer Festsitzung mit 1250 Gästen, sondern als TV-Sendung, die über drei Tage hinweg im Aachener Eurogress vom WDR aufgezeichnet wurde. Die Ausstrahlung ist am Montagabend, 14. Februar, ab 20:15 Uhr im Ersten zu sehen.
Wenn der Saal auch nicht voll sein durfte, so konnten Iris Berben und alle anderen Auftretenden zumindest ein wenig mit vorhandenem Publikum spielen. Rund 80 Zuschauer waren zugelassen, die als Komparsen an allen drei Tagen – Donnerstag, Freitag und Samstag – nicht nur Geduld bewiesen, sondern offensichtlich sehr viel Freude an den Vorstellungen hatten. Die Resonanz der gut gelaunten Öcherinnen und Öcher war jedenfalls durchweg positiv.
Das durfte auch die frischgebackene 72. Ritterin erfahren. Schon im Publikum sitzend mit viel Beifall bedacht, wurde sie schließlich gefeiert für ihre scharfzüngige Rede, die immer wieder von Applaus unterbrochen wurde. „Mehr Frauen an die Macht!“ lautete ihre klare Forderung, dass „von männlichen Leerstellen blockierte Positionen endlich in Frauenhand kommen. In allen Ämtern und in ausreichender Anzahl!“ Das Revolutionäre läge ihr einfach im Blut, so Berben: „Das liegt an der Ehe meiner Eltern: eine leidenschaftliche Verbindung von Streichholz und Dynamitstange.“ Als Kind der 1968er sei für sie immer Frühling, immer Aufbruch, immer Veränderung. Und Veränderungen seien sehr gut.
Eine Lanze brach die AKV-Ritterin für die unter Corona stark leidende Kulturbranche – dafür stand ihr rot-weißes Clowns-Kostüm, in das sie für ihren Auftritt geschlüpft war: „Ich werde diesen Orden stellvertretend tragen für all meine Kunst-Kolleg*innen. Für die Schauspieler*innen in den großen und kleinen Theatern.“ In der Italienischen Commedia dell‘ arte sei es der Clown gewesen, der die Wirklichkeit auf eine schmerzhafte Spitze getrieben habe. Die Komödie habe es geschafft, über die Qualen des Alltags zu lachen und sie gleichzeitig anzuprangern. „Deshalb brauchen wir die Kunst“, so Berben. „Denn wir spiegeln ja nicht nur die Gesellschaft. Wir bringen nicht bloß das Publikum zum Lachen. Wir Narren und Mummenschanzlerinnen sind der Kitt, der die Gesellschaft zusammenhält.“
Zuvor hatte Iris Berbens Vorgänger Armin Laschet seine Nachfolgerin im Ritterkonvent in höchsten Tönen gelobt und ihr einige, genauer gesagt sieben glorreiche Vorgänger vorgestellt. Winfried Kretschmann (Grüne) zum Beispiel: „Einer der besten CDU-Ministerpräsidenten, die Baden-Württemberg je hatte.“ Oder Annegret-Kramp-Karrenbauer, die „Granate von der Saar“. Und schließlich Christian Lindner, „der von Jamaika träumte und jetzt an der roten Ampel steht“. Für Laschet war es ein Heimspiel, man spürte geradezu, wie wohl er sich im Aachener Eurogress fühlt. Doch er war nicht der einzige Politiker, der stehende Ovationen für seinen Beitrag erhielt. Auch Thomas Kutschaty meisterte die große Herausforderung, vor der er sich wähnte, mit Bravour: Schließlich sei das Parkett beim AKV „in Aachen so glatt wie die Treppe zum CDU–Präsidium“, scherzte der SPD-Spitzenkandidat für die NRW-Landtagswahl im Mai. Schunkelalarm dann bei Joachim Stamp (FDP): Der NRW-Familienminister sang sich mit „Impf doch ene mit“, frei nach den Bläck Fööss, in die Herzen der Öcher. Wen auch im ungewohnten Format, so war das Programm doch reich an Höhepunkten. Ob die Comedians Guido Cantz und Martin Schopp oder die Öcher Bühnenasse Vier Amigos, Jürgen B. Hausmann, Oliver Schmitt mit dem AKV-Ballett, T´N´Boom, Prinz Guido I. und Märchenprinz Phil I., die Hooreter Frönnde als Zentis-Preisträger oder das Tanzpaar der Prinzengarde der Stadt Aachen (Lambertz-Ehrenpreis): Sie alle sorgten gemeinsam für drei gelungene Tage im Eurogress.
An deren Ende hatten nicht nur die Moderatoren mehr als ein Tränchen im Auge. AKV-Präsident Dr. Werner Pfeil und Elferrat David Lulley moderierten nach zwölf Jahren zum letzten Mal gemeinsam, denn beide scheiden im Sommer aus ihren Ämtern aus – wie auch einige weitere verdiente Elferräte. Sie alle hätten sich natürlich zu „ihrem“ Abschluss eine Festsitzung mit proppenvollem Saal gewünscht und diese auch verdient. Dass es nicht dazu kam, ist einem Virus zu verdanken, das dem Virus Karnevalis auf lange Sicht aber nicht den Garaus machen wird. Und beim AKV und dem WDR ist man sich sicher: Was hier trotz Corona auf die Beine gestellt wurde, kann sich sehen lassen. Gerne auch am Montag um 20:15 Uhr im Ersten.
Fotos: Orden wider den tierischen Ernst 2022
Fotos: Andreas Steindl / AKV